Wolf Schneider ist tot

11. November 2022 Aus Von Markus Flechtner

Zur Abwechslung mal ein nicht-technisches Thema. Vor einiger Zeit habe ich eine DOAG-Datenbank-Kolumne mit dem Thema “Bloggen? Warum ich?” geschrieben. Und heute habe ich in diversen Online-Medien gelesen, dass Wolf Schneider gestorben ist. Aber wie passt das beides zusammen?

In der Datenbank-Kolumne hatte ich geschrieben “Beim Bloggen geht es auch nicht um den Literatur-Nobelpreis oder den Pullitzer-Preis. Einfacher, klarer Stil – keine geschliffenen Bandwurmsätze à la Thomas Mann.”. Und da kommt direkt Wolf Schneider ins Spiel. Wer war Wolf Schneider? Wikipedia sagt, er war ein Journalist und Sprachkritiker. Es ging ihm um Sprache. Genauer: um verständliche Sprache. “Gute Texte haben kurze Sätze und eine klare Sprache – alles andere ist Eitelkeit und dem Leser nicht dienlich.” – zitiert Spiegel.de eine Journalistin als die Antwort auf die Frage, was sie von Wolf Schneider gelernt habe. Sein Buch “Deutsch zu Profis – Wege zu gutem Stil” ist ein Klassiker unter Journalisten und sicher auch für den ein oder anderen Blog-Schreiber interessant. Und genau das ist der Punkt.

Die Regeln für Textverständlichkeit sind einfach. Wikipedia hat einen Eintrag zu dem Thema “Textverständlichkeit”,  aus dem ich hier zitieren möchte:

“Grundlegende Regeln für verständliche Texte sind:

  • Kurze und einfache Sätze bilden, Schachtelsätze vermeiden
  • Einfache, geläufige und konkrete Wörter verwenden, Fremd- und Fachwörter sowie Anglizismen und abstrakte Begriffe (enden häufig auf -heit oder -keit) vermeiden oder (notfalls) erklären
  • Abkürzungen vermeiden oder erklären
  • Passivkonstruktionen vermeiden
  • Nominalisierungen (substantivierte Verben oder Adjektive, die häufig auf -ung enden) vermeiden
  • Text gut gliedern, sowohl inhaltlich (roter Faden, klare Bezüge) als auch optisch (z. B. Zwischenüberschriften, Aufzählungen)
  • Kein Expertenwissen voraussetzen (z. B. Erläuterungen anhand von Info-Kästen)
  • Wenn möglich: Verständlichkeit durch Abbildungen unterstützen
  • Und zuletzt die „goldene Regel“ von George Orwell: Ignorieren Sie jede der soeben genannten Regeln, bevor Sie dadurch ein Sprachungetüm erschaffen (Break any of these rules sooner than say anything outright barbarous).”

Regeln, die meiner Meinung nach auch Blog-Autoren beherzigen sollten.

Textverständlichkeit kann man übrigens auch messen. Dazu gibt es die Flesch-Formel. Auf der Seite “leichtlesbar.ch” kann man seine Texte einfach via Copy & Paste prüfen lassen. Ergebnis ist der sogenannte “Flesch-Wert”. Er reicht von “81-100” für “extrem leicht” bis hin zu ” <20″ für sehr schwierig. Ein Wert kleiner 20 ist im Bereich von “Behördendeutsch”.

Vor einiger Zeit durfte ich mal einen Artikel eines Kollegen Korrektur lesen und habe den Text – in Absätzen – auch mal bei leichtlesbar.ch eingeworfen. Das Ergebnis waren recht niedrige Werte. Sein sinngemäßer und meiner Meinung nach sehr arroganter Kommentar war: “ich schreibe ohnehin nur für ein akademisches Publikum”. Ich sehe das komplett anders: fachlich interessante und vielleicht auch komplexe Texte sollten nicht durch sprachliche Komplexität zusätzlich kompliziert werden. Wenn man fachlich nicht mit einem Thema vertraut ist, dann sollte man sich auf die Inhalte konzentrieren (können) und nicht auf die Sprache. “Fakten, Fakten, Fakten und an die Leser denken” – das war früher der Wahlspruch des Magazins “focus” und sollte auch das Ziel eines Blog- oder Sachbuch-Schreibers sein. Daher kann es sehr erhellend sein, seine Texte mal einem Verständlichkeitstest zu unterwerfen. Ihre Leser werde es Ihnen danken.

 

P.S.: Die Absätze dieses Blog-Postes haben Flesch-Werte zwischen 44 und 55 und entsprechen somit etwa einem durchschnittlichen Zeitungsartikel.

 

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